20. August 2019

Wer ist eigentlich … Joshua Endres

Der rot-weisse Offensivspieler im Porträt.

Joshua Endres ist mit seinen 22 Jahren ein gutes Beispiel dafür, dass eine erfolgreiche „Fußballer-Biographie“ oft auch bedeutet, schon jung viel erlebt zu haben. Davon hat er sich nicht aus der Bahn werfen lassen, auf dem Platz ist er auch heute eher ruhig und erarbeitet sich am liebsten hinter den Spitzen den besten Weg zum gegnerischen Tor. Kurz gesagt: „Ich bin einfach gerne am Zocken.“

Was ist das eigentlich, eine typische Fußballer-Biographie? Auf dem Papier könnte die von Joshua Endres durchaus als Muster durchgehen: Mit vier oder fünf Jahren fängt er in Unterfranken mit dem Kicken an, bei seinem Heimatverein DJK Würzburg, bei dem auch sein Vater schon spielte. Bekannt  wurde vor über 20 Jahren vor allem die Basketballabteilung des Vereins – die DJK war der Jugendclub von Dirk Nowitzki, zusammen stiegen sie in die 1. Bundesliga auf. Die Herrenfußballmannschaften treten in den unteren Amateurklassen an.

Mit dreizehn Jahren zieht es Joshua zum Würzburger FV, der vor dem Aufstieg der Würzburger Kickers lange der erfolgreichste Fußballverein der Stadt war. Hier bleibt er zuerst nur ein Jahr. Sein Intermezzo in der U15-Bayernliga beim 1. FC Schweinfurt 05, das er 2011 beginnt, endet dann aber ebenfalls nach einer Saison und er kehrt für ein weiteres Jahr nach Würzburg zurück. Die Doppelbelastung aus Schulpflicht und den langen Fahrten zum Training hatte sich zu deutlich bemerkbar gemacht.

Die Jugend im Sport-Internat
Den Schritt in den professionellen Nachwuchsfußball schafft der junge Stürmer dann in Ostdeutschland. Mit 16 Jahren schließt er sich als „Altjahrgang“ der U17 von RB Leipzig an. Er zieht in ein Sportinternat, die eigene Schule des Vereins ist damals noch nicht fertig.

Zum ersten Mal weit weg von Zuhause – für ein Einzelkind, dessen Eltern trotz Trennung gut miteinander auskommen und ihn in Harmonie großziehen, eine harter Schnitt. Auch der Rest der Familie und seine Freunde wohnen nun 350 Kilometer entfernt. Joshua kommt in der Hinrunde kaum zum Einsatz, vor lauter Heimweh fährt er fast jedes Wochenende nach Hause, vor allem bei Heimspielen. Samstags nach dem Spiel noch in den Zug, Sonntagabends zurück. Er denkt sogar darüber nach, komplett nach Würzburg zurückzukehren.

Als er in der Rückrunde dann beinahe durchspielt, überlegt er es sich glücklicherweise anders. Sein Vater kommt zu den meisten Heimspielen, bringt Freunde mit, auch Joshuas Mutter und Großmutter sind oft dabei. Der Rhythmus kehrt zurück. Mit der Mannschaft schafft er es bis ins Finale um die deutsche Meisterschaft – und verliert unglücklich gegen den BVB. Könnte man eine Vizemeisterschaft gegen Borussia Dortmund nicht einfach als Erfolg verbuchen? „Ja, kann man sagen. Aber gewinnen ist geiler.“

Die ehrgeizige Einstellung des (gebürtigen) Würzburger Kickers bleibt auch dem DFB nicht verborgen. Bei der U18- und U19-Nationalmannschaft spielt er dann mit Amara Condé zusammen, die beiden verstehen sich gut. Dass die Chemie stimmt, konnte man am dritten Spieltag bereits beobachten, als Joshua Amaras Chip in den Strafraum zum 1:1-Ausgleichstreffer gegen den FC Köln in die Maschen drosch.

Im zweiten U19-Jahr spielt Joshua schon regelmäßig in der zweiten Mannschaft der Leipziger in der Regionalliga Nordost, rückt zur Saison 17/18 ganz in die zweite Garde auf. Hier macht er auch seine ersten wirklich hässlichen Erfahrungen im Fußball. Vorsichtig formuliert: Sympathien schlagen RB selten entgegen. Im September 2016 fliegen sogar Steine in Richtung der Auswechselbank. „Mit 17, 18, 19 sowas mitgemacht zu haben, ist eine Erfahrung“, sagt Joshua. Seine Nerven hat es eher gestählt. Manch anderer junger Spieler hätte sicher ein Trauma davontragen können.

Aufstiegsärger in Mannheim
Nach der Winterpause seiner ersten Herren-Saison dann gleich der Schock: RB kündigt an, im Sommer die zweite Mannschaft abzumelden. Alle Spieler mussten sich neue Vereine suchen. Joshua führt es für ein Jahr nach Krefeld-Uerdingen. Mit dem KFC gelingt der Aufstieg, er kommt aber schon in der vierten Liga kaum zum Einsatz und wechselt nach der Saison zur Zweitvertretung von Fortuna Düsseldorf.

Beim entscheidenden Relegations-Rückspiel in Mannheim erlebt er erneut schwere Ausschreitungen, diesmal in einem noch deutlich größeren Rahmen. Uerdingen führt mit 2:1, von Minute zu Minute wird deutlicher, dass es für Waldhof Mannheim auch im dritten Relegations-Anlauf in Folge nichts wird mit dem Aufstieg. Der Ärger einiger Anhänger kocht völlig über, Pyrotechnik und Böller fliegen aus dem Mannheimer Block, Raketen werden abgeschossen. Nachdem die Lage sich auch nach 20 Minuten nicht beruhigt, bricht der Schiedsrichter das Spiel ab. Ein Aufstieg unter unschönen Bedingungen für den KFC.

Noch kurz nach Düsseldorf und dann ab an die Hafenstraße
In Düsseldorf zieht sich Joshua dann Anfang 2019 noch die schlimmste Verletzung seiner Karriere zu – einen Bänderteilriss zu Beginn der Wintervorbereitung. Schon zum ersten Saisonspiel kann er aber wieder eingewechselt werden und spielt von da an durch. Er hat großen Respekt vor Spielern, die sich nach schlimmeren Verletzungen zurückkämpfen. „Da musst du auch im Kopf erstmal wieder klar werden und die Angst überwinden.“ Längere Verletzungspausen sind bei RWE jedoch glücklicherweise ohnehin beinahe unbekannt.

Joshua Endres ist kein Freund der lauten Worte. Schon bei den Heimweh-Problemen zu Jugendzeiten zeigt sich: Er muss sich wohl fühlen, zur Ruhe kommen können. Dabei hilft es sicher, dass die Mannschaft unter dem neuen Trainer auch immer gemeinsam isst, sich länger am Stadion aufhält. Die Ruhe überträgt er dann auch auf den Platz: „Auf‘m Spielfeld muss man auch mal eine Ansage machen, aber ich bin jetzt nicht der Schreihals der allen sagen muss, was sie zu tun haben.“

Er spielt lieber einfach. Das macht er bei Rot-Weiss flexibel auf verschiedenen Positionen. Auch auf außen, aber am liebsten auf der offensiveren der beiden Achter-Positionen im Spielplan des Trainers. „Ich habe ja immer Stürmer gespielt, da geht mein Blick natürlich eher zum gegnerischen Tor als zum eigenen“ – als schmalerer Spieler in einer Liga mit „1,90-Brocken hinter dir.“

„Da finde ich es schon besser, hinter den Spitzen zu spielen, den Ball zu kriegen, aufzudrehen, das Spiel vor mir zu haben und aufzubauen. Die tiefen Läufe von der Acht auch selber mal zu machen, die sind oft schwer zu verteidigen.“

Die Position weiter hinten bedeutet natürlich auch, noch mehr gegen den Ball arbeiten zu müssen. Das passt ihm aber gut in den Kram – schließlich wurde er in Leipzig ausgebildet. „Die spielen ja im Grunde nur Pressing.“

In der Spielphilosophie unterscheidet er sich dann aber doch etwas von seinem Wegbegleiter Amara Condé, der gern auch mal zwickt und grätscht. „Ich bin ein sauberer Spieler, der aber den Gegner trotzdem wild anlaufen und unter Druck setzen kann. Am Ball bin ich eher ruhig. Ich bin einfach gerne am Zocken.“