29. Oktober 2019

Wer ist eigentlich … Jakob Golz

Neu im rot-weissen Tor: Jakob Golz wechselte diesen Sommer aus Hamburg an die Hafenstraße.
Neu im rot-weissen Tor: Jakob Golz wechselte diesen Sommer aus Hamburg an die Hafenstraße.

Der rot-weisse Torhüter im Porträt

Jakob Golz war in seiner früheren Jugend Stürmer, kam durch einen Zufall auf die Torhüterposition. In der U17 erzielte er in seiner alten Rolle noch einmal drei Tore. Im Spaß sagt er: „Ich war eigentlich ein guter Stürmer. Schade, dass es nicht geklappt hat!“. Warum er sich als Torhüter trotzdem mehr als wohl fühlt.

Bisher war es schöne Tradition dieser Texte, dass die Spieler, deren Porträts kurz vor der Veröffentlichung standen, ein Tor erzielten. Für einen Torhüter wäre das, selbst in einem sehr modernen Spielsystem, etwas viel verlangt gewesen. Die ersten beiden Startelf-Einsätze in der Liga sind ja aber auch nicht schlecht.

Wie Jakob Golz zum Fußballspielen kam, ist schnell erklärt: Sein Vater ist Richard Golz, spielte als Torhüter 21 Jahre in der Bundesliga und wurde in dieser Zeit eine doppelte Vereinslegende beim Hamburger SV und dem SC Freiburg. So wird Jakob 1998 auch in Hamburg geboren, zieht aber schon nach wenigen Monaten mit seinen Eltern nach Freiburg, weil sein Vater gerade den Verein gewechselt hat. Hier beginnt er dann mit etwa sechs Jahren, vor den Ball zu treten. Er spielt im Breisgau als Feldspieler beim PTSV Jahn Freiburg, probiert sich auf den meisten Positionen aus und läuft schon bald vor allem als Stürmer auf.

In Hamburg aufwachsen

Zur dritten Klasse muss Jakob die Schule wechseln. Die Familie kehrt in ihr Haus in Hamburg zurück, Vater Richard wird 2006 zum Karriere-Ausklang zweiter Torhüter bei Hannover 96. Jakob absolviert in Hamburg gleich zu Beginn auch ein Probetraining beim HSV, kann die Scouts als Feldspieler aber nicht überzeugen. Stattdessen geht es für zwei Jahre zum SC Alstertal-Langenhorn, dann für eines zum FC Eintracht Norderstedt, der heute in der Regionalliga Nord spielt. Hier ändert sich für Jakob Golz einiges – vor allem seine Perspektive auf dem Platz.

Denn bei einer der ersten Trainingseinheiten in seinem neuen Verein erscheint der Torhüter krankheitsbedingt nicht zum Training, Jakob schnappt sich die Handschuhe und springt ein. „Und dann hab‘ ich irgendwie überragend gehalten, ich weiß auch nicht, wieso.“ Von nun an ist er Torwart.

Gleich nach seiner ersten Saison als Keeper holen ihn die Scouts des Hamburger SV nun doch in das eigene Nachwuchsleistungszentrum – zu seinem Vater, der hier nach dem Ende der aktiven Karriere inzwischen verantwortlicher Torwarttrainer ist. Nur in der U17 spielt er wegen einiger Verletzter in der Offensive für ein Test- und zwei Pokalspiele noch einmal in der Spitze und schießt prompt drei Tore. „Ich war eigentlich ein guter Stürmer. Schade, dass es nicht geklappt hat!“, lacht er darüber heute. So tritt er auch früh erneut in die Fußstapfen seines Vaters Richard, der beim HSV einst von Felix Magath einst in den Sturm geschickt wurde, weil alle Offensivakteure verletzt waren.

Doch er sieht auch die Vorteile seiner neuen Position: „Da muss man deutlich weniger laufen. Und ab und zu mal ein bisschen durch die Luft fliegen ist auch ganz geil. Also bin ich doch nicht ganz so unzufrieden als Torhüter“, sagt Jakob mit einem Augenzwinkern.

Doch am Anfang wird es durchaus auch mal dröge, unterhalb der C-Jugend gibt es noch keine eigenen Nachwuchs-Ligen für die Profi-Vereine. Die Nachwuchsmannschaften des HSV gewinnt fast alle ihre Spiele, „gerne auch mal Zehn zu Null“, für den jungen Torwart gibt es wenig zu tun.

Das ändert sich zwar bald, dennoch ist der Positionswechsel auch mental eine Umstellung. Gerade, wenn Jakob mal „nur“ auf der Bank sitzt. Auf den zweiten Keeper müssen sich Trainer und Mannschaft völlig verlassen können, gleichzeitig kommt er oft zu nur wenigen Einsätzen. „Torhüter ist schon eine spezielle Position. Wenn ein Stürmer sagt, er hat wenig gespielt, hat er am Ende der Saison vielleicht immer noch zehn, 15 Einsätze. Als zweiter Torwart hast du dann aber vielleicht null, oder nur Pokalspiele. Man muss geduldiger sein. Das hatte ich im ersten U21-Jahr auch schon.“ Sein Trainer bis zum Frühjahr damals: Christian Titz. Hier lernt er auch schon sein besonderes Spielsystem kennen.

Auf der „Eins“ gibt es besonders viel Arbeit. „Als Torwart hat man da mit den Innenverteidigern zusammen die größte Umstellung, die laufen im Spielaufbau ja mit am meisten. Als ich das vor zwei Jahren zum ersten Mal gespielt habe dachte ich auch: Puh, ich hab‘ gar kein Gefühl in den Räumen, weil ich die vorher gar nicht betreten hatte.“ Jakob gibt aber auch einen positiven Ausblick: „Wir haben uns nun in kurzer Zeit sehr gut daran gewöhnt. Das ist ja am Ende auch kein Hexenwerk, man muss einfach neue Abläufe und Strukturen verinnerlichen. Wann man sich wieder Richtung Tor absetzt zum Beispiel.“

Jakob muss wieder mehr laufen, was ihn aber nicht stört. „Das macht’s auch etwas spannender und interessanter. Du hast viel mehr vom Spiel, quasi als elfter Feldspieler. Gefühlt ist man dann ja ein Sechser im Spielaufbau. Dann kann man das Spiel auf einmal auch stark lenken.“ Auch im Training sind die Torhüter bei den Feld-Übungen als Anspieler dabei.

In Essen ein Großer werden

Nach dem zweiten Jahr bei der U21, diesmal als Stammkeeper, in dem er mit seinem älteren Bruder auch aus dem elterlichen Haus in eine eigene Wohnung in Hamburg gezogen war, beginnt für Jakob Golz dann das Abenteuer RWE. Im Essener Westen wohnt er zum ersten Mal allein. Einsam ist er nicht, die ersten Wochen verbringt er in einer WG mit „Mannschafts-DJ“ Amara Conde und Jan Neuwirt, mit denen er auch danach viel unterwegs ist. „So ganz ruhig zuhause kann ich irgendwie nicht. Ich brauche immer etwas Bewegung. An einem freien Tag gehe ich dann halt Laufen, oder mache zuhause ein paar Übungen.“

Wie auch Amara sagt Jakob über sich, dass er privat eher ruhig sei, aber keineswegs im Spiel. „Auf dem Platz wäre das falsch. Da versuche ich schon, lauter zu werden. In diesem System ist es sehr wichtig, dass man die Mannschaft von hinten organisiert, damit die Jungs wissen, wo sie hin müssen.“

Notfalls auch per Körpersprache. „Wenn das Stadion voll ist, ist es manchmal schwierig, zu rufen. Da muss man dann auch viel gestikulieren, ein paar Handzeichen machen. Hauptsächlich mit den Innenverteidigern. Die stehen ja normalerweise sehr breit im Ballbesitz, wenn wir den Ball verlieren muss ich zurück ins Tor, dann müssen die schnell ins Zentrum kommen und die Lücke schließen.“

Denn auch im modernsten Spielsystem sollte der Torwart besser nicht am Mittelkreis in die Zweikämpfe gehen. So fällt auf Jakobs Position auch die bei den RWE-Fans beliebte Respektgrätsche in der fünften Minute weg. Jakob wird andere Wege finden, sich in ihre Herzen zu spielen.