19. Oktober 2020

Stauder und RWE

Schon in den 1950er Jahren war Stauder Partner an der Hafenstraße – hier mit einem Schriftzug auf der alten Holztribüne.
Schon in den 1950er Jahren war Stauder Partner an der Hafenstraße – hier mit einem Schriftzug auf der alten Holztribüne.

Denn Tradition verbindet … und darf man nicht trennen!

Ein Spieltag ohne Stauder ist für den eingefleischten RWE-Fan eigentlich undenkbar. Schon auf dem Weg zum Stadion tragen viele ein Wegbier aus dem Essener Norden mit sich. Und kurz vor dem Stadion wird es am Hafenstübchen direkt aus dem Wohnzimmerfenster auf die Straße gereicht. Im Stadion selbst fließt das Bier in Strömen wie das Fußballmagazin 11Freunde herausfand. Die kleine Persönlichkeit passt eben genau zur Mentalität der RWE-Fans, die mit einem RWE/Stauder-Trikot ihre Liebe zu der sportlich-kulinarischen Symbiose zum Ausdruck bringen. Corona-Zeiten, in denen kein Stauder Pils im Stadion ausgeschenkt wird, sind daher auch unter diesem Gesichtspunkt eine echte Prüfungszeit für einen Rot-Weissen.
Die Verbindung der beiden Essener Kulturmarken gibt es schon seit Jahrzehnten, auch wenn sie zwischenzeitlich mal unterbrochen war. Bereits in den 1950er Jahren stand in großen Lettern auf der alten Holztribüne: „Das Ruhrrevier trinkt Stauder Bier.“

Das damalige Engagement erklärt sich aus der langjährigen Verbundenheit der Chefs beider Essener Traditionsmarken. „Kennen gelernt habe ich Georg Melches über meinen Großvater Caspar Stauder. Er war mit Melches eng befreundet. Sie haben sich regelmäßig privat getroffen und bei diesen Treffen war ich oft dabei“, erinnert sich Claus Stauder, der bis 2005 fast vier Jahrzehnte die Geschäfte der Privatbrauerei Stauder führte. Anfang der 1950er Jahre gesellte sich ganz überraschend der frischgebackene Nationalspieler Helmut Rahn dazu und schenkte Claus Stauder zwei Tickets für das folgende RWE-Heimspiel. „Georg Melches hat mich dann mitgenommen. Es war mein erstes RWE-Spiel, und ich war sofort Feuer und Flamme für den Club."

Aufgrund der persönlichen Beziehung von Claus Stauder zu Georg Melches war es für das Essener Familienunternehmen 2011 eine Selbstverständlichkeit, die Kosten für die damals dringend anstehende Restaurierung der Grabstätte von Georg Melches auf dem Matthäus-Friedhof in Essen-Borbeck zu übernehmen.

Trotzdem gab es eine ganze Zeit eine für die meisten Fans schmerzhafte Trennung zwischen RWE und Stauder. Im alten Stadion musste man fast 19 Jahre auf den Gerstensaft aus dem Essener Norden verzichten. Stattdessen wurde Bier aus Duisburg ausgeschenkt. Doch welcher RWE-Anhänger will schon „Heute ein König“ sein? Die kleine Persönlichkeit passt einfach besser zur rot-weissen Fan-Mentalität, die seit 2010 wieder an der Hafenstraße gezapft wird.

Erstklassig
Und die Fans danken es! Im Bier-Ranking des Fußballmagazins „11Freunde“ landeten sie auf dem ersten Platz. Der Bierkonsum in deutschen Stadien war getestet worden. Wichtigste Erkenntnis der Untersuchung: „Die Bierstände in Essen haben den höchsten Pro-Kopf-Umsatz aller deutschen Fankurven.“
Einen vermeintlichen Grund für die Rekordzahl nannte einst Kult-Moderator Manni Breuckmann: „Stell dir vor, du bist RWE-Fan. Da kannst jeden Tag nur noch saufen.“ Wirklich? Egal, immerhin beim Bier spielt RWE also schon in der Bundesliga.
Erstklassig ist auch der RWE-Fanclub Stauder Kommilitonen und die Kultband The Café Nova Staudertrinkers, die zahlreiche Lobpreisungen auf RWE und Stauder in ihrem musikalischen Repertoire hat.

Highlights
Von 2011 bis 2014 wurden echte Kurzfilmklassiker mit den beiden Essener Traditionsmarken in Zusammenhang mit dem damals traditionellen Saisoneröffnungsspiel gegen das lokale Auswahlteam „Auf Asche" produziert. Höhepunkt die beiden Filme „Stauder und Spiele für das Volk“ sowie „Für eine Hand voll Stauder“, die heute noch auf YouTube zu sehen sind.

Im 150. Jubiläumsjahr der Privatbrauerei kam 2017 der Schriftzug Stauder sogar aufs RWE-Trikot und zur Saison 2019/20 erhielt jeder Käufer einer Dauerkarte einen Zweierträger Stauder. Klar, dass in der ersten Phase von Corona, als plötzlich die Stadien alle dicht waren und Rot-Weiss Essen zu einem virtuellen Corona-Spiel aufrief, es neben der Corona-Eintrittskarte und Bratwurstgutscheinen auch Stauder-Bier-Karten zu kaufen gab. Da das Spiel letztlich nicht stattfand, haben die RWE-Fans den Stauder-Gutschein halt mit einem Bier aus dem heimischen Stauder-Kasten eingelöst. Und für die neue Saison 2020/21 gibt es aktuell ein ganz neues „Stauder & RWE“-Fan-Shirt, das deutlich zeigt, wie eng RWE und Stauder miteinander verbunden sind.

Diese Verbindung der beiden Kultmarken soll natürlich noch lange anhalten und den feinherb gebrauten Tropfen aus dem Essener Norden wird es im Stadion an der Hafenstraße nach den Corona-Beschränkungen hoffentlich bald wieder geben. Denn wie schrieb Uwe Strootmann in seinem Buch 111 Gründe Rot-Weiss Essen zu lieben: „Stauder ist dem Essener prinzipiell genau so wichtig wie sein RWE.“

Ein Beitrag unseres ehrenamtlichen Vereinshistorikers Georg Schrepper.