29. Juni 2020

“Mehr als ein verdienter Aufsteiger”

Damian Apfeld coacht seine rot-weisse U19 ab der nächsten Saison wieder in der A Junioren-Bundesliga.
Damian Apfeld coacht seine rot-weisse U19 ab der nächsten Saison wieder in der A Junioren-Bundesliga.

Damian Apfeld, Cheftrainer der rot-weissen U19 im ausführlichen Interview

U-19 Chef-Trainer Damian Apfeld über eine besondere Fußballsaison 2019/20, und eine bessere Ausgangslage für die kommende Spielzeit im Junioren-Oberhaus.

Hallo Damian! Danke, dass du dir die Zeit nimmst. Die rot-weisse U19 ist zurück in der Bundesliga – Gratulation zum Aufstieg!

Vielen Dank! Was sich in den letzten Wochen abgezeichnet hat, wurde Samstag vom Verband ja dann endlich offiziell verkündet.

Du sagst es. Wie hast du auf die Entscheidung des Fußballverbandes Niederrhein reagiert und würdest sie bewerten?

Für mich kam die Entscheidung des Verbandes wenig überraschend. Das Meinungsbild der einzelnen Vereine innerhalb der Ligen war da zuvor auch schon recht eindeutig. Ob bei uns in der Niederrhein-Liga oder auch Westfallen wurde bereits dafür gestimmt, dass die jeweils Erstplatzierten aufsteigen sollen und der Abstieg in dieser Saison ausgesetzt wird. Dementsprechend war das keine Meldung, die uns aus den Socken gehauen hat.

Nun ist die Entscheidung am grünen Tisch und nicht sportlich auf dem Platz gefallen. Inwiefern nimmt man es anders auf, wenn die Aufstiegsfrage auf diese Weise geklärt wird?

Ich sehe das nicht ganz so, dass wir am grünen Tisch aufgestiegen sind. Verglichen mit anderen Ligen würde ich unsere Situation differenzierter bewerten.

Inwiefern?

Zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs hatten wir neun Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten aus Meerbusch gehabt mit insgesamt nur zwei Niederlagen. In den entscheidenden Spielen waren wir aber da. Ob im Hinspiel gegen Meerbusch oder Rückspiel gegen Unterrath – zum damaligen Zeitpunkt Tabellenzweiter – haben wir sehr souverän gewonnen. Wir waren zuletzt seit zehn Spielen ohne Niederlage und haben defensiv wie offensiv die größte Qualität von allen Mannschaften in der Liga. Dementsprechend haben wir die Liga ein Stück weit dominieren können. Ich würde sagen wir sind mehr als verdienter Aufsteiger. Somit sehen ich das in unserem Fall absolut nicht als Entscheidung am grünen Tisch. Wir haben als Mannschaft auf dieses Ziel hingearbeitet und uns den Aufstieg somit verdient. Ich glaube auch nicht, dass sich andere Mannschaften wie der TSV Meerbusch da große Hoffnungen gemacht haben uns in den letzten Spielen noch abfangen zu können.

Haben deine Jungs die Nachricht ähnlich aufgenommen?

Die Reaktion der Spieler war aufgrund der Gesamtsituation natürlich gedämpfter, als unter normalen Umständen. Es war jetzt nicht so, dass die Jungs total euphorisch und jubelnd durch Essens Straßen gerannt sind. Ab einem gewissen Punkt haben auch die Jungs die Entscheidung erwartet. Nichtdestotrotz ist die Freude da. Bei den jüngeren Jahrgängen, weil sie in ihrem zweiten U19-Jahr Bundesliga spielen zu dürfen und bei den Alt-Jahrgängen, weil sie sich mit einem Aufstieg verabschieden können.

Nun grätschte euch auf dem Weg zum direkten Wiederaufstieg Mitte März das Coronavirus dazwischen. Wie war Eure Gefühlswelt unmittelbar nach Bekanntgabe den Spielbetrieb vorerst zu pausieren?

Die Gedanken und Gefühlslage in Bezug auf die Meisterschaft waren vor drei, vier Monaten mit Sicherheit nicht ganz so positiv wie heute. In dieser Phase kamen auf jeden Fall Gedanken auf wie etwa nach dem Fortgang. Wie geht’s weiter? Wie wird die Saison gewertet? Inklusive Worst Case-Szenario.

Du meinst den Abbruch der Saison ohne eine Wertung?

Ganz genau. Wenn die Verbände entschieden hätten, dass die Saison annulliert wird und sozusagen wieder neu gespielt beziehungsweise von vorne angefangen wird, das wäre ohne Zweifel der schlimmste Fall gewesen, der hätte eintreten können – gerade in Hinblick auf die tolle Saison, wenn sich die Jungs für ihre Leistung mit dem Aufstieg nicht hätten belohnen können.

Wie war denn der Kontakt zu deinen Spielern in der Zeit? Hattet ihr Möglichkeiten euch als Team über die Geschehnisse auszutauschen?

Mit den Jungs haben wir uns natürlich auch in dieser besonderen Phase regelmäßig ausgetauscht. Über die Situationslage und Diskussionen auf Verbandsebene, ebenso wie über die Sichtweise von Rot-Weiss Essen. Die Jungs waren stets informiert wie der Verein über die aktuelle Situation denkt.

Wie habt ihr das geregelt?

Das lief vor allem über unsere Whatsapp-Mannschaftsgruppe. Ab und zu gab es auch mal ein Einzeltelefonat mit den Spielern. Generell muss das aber jeder Trainer für sich entscheiden, wie man mit der Situation umgehen soll. Für mich war es keine Option jeden Tag eine Videokonferenz einzuberufen, um mit jedem Spieler einzeln zu sprechen. Das ist aber auch immer von der Altersgruppe und Lebenslage innerhalb der Mannschaft abhängig.

Wie ist die Lage denn in eurem Fall?

Die Hälfte unseres Kaders wird die Mannschaft zur nächsten Saison verlassen und aus Altersgründen in den Seniorenbereich wechseln. Viele aus dem Team hatten zudem auch noch ihre Abitur-Prüfungen in den letzten Wochen. Dort lag natürlich auch nochmal ein besonderer Fokus drauf. Wir haben am Ende bei jedem Spieler individuell entschieden wie intensiv der Kontakt sein soll und wann wir die Jungs auch mal in Ruhe lassen.

Wie ist der Kontakt zu deinen Spielern aktuell?

 Nach den Lockerungen für den Mannschaftssport hatten wir noch bis Mitte Juni ein paar Trainingseinheiten im alten Kader, sowie in neuer Konstellation mit Teilen aus der U17 absolviert. Momentan haben die Jungs aber Pause, bevor am 1. Juli die Vorbereitung für die neue Saison losgeht.

Aber doch bestimmt nicht ohne Trainingsempfehlung für zuhause?

Stimmt. Ähnlich wie während des Lockdowns haben wir den Jungs Pläne mitgegeben – Lauf, Stabilitäts- und Kraftübungen. Mit den individuellen Programmen halten sich die Jungs während der Pause fit.

Um dann im nächsten Jahr weiter voll angreifen zu können…

Natürlich. Die Jungs, die hier bei Rot-Weiss Essen spielen haben genau wie das gesamte NLZ alle den Anspruch Bundesliga zu spielen. So wie wir als Tariner im NLZ den Anspruch an uns selbst haben aus jedem Jungen das bestmögliche rauszuholen. Dementsprechend sind wir definitiv darauf aus die Jungs weiterzuentwickeln. Wir versuchen stets die Stärken eines jeden Spieler auszubauen und so zu entwickeln, dass er für unsere 1. Mannschaft von RWE in Frage kommt. Da kann Bundesligaerfahrung nicht schaden. Einige aus dem aktuellen Kader haben bereits im U17-Bereich Bundesligaluft schnuppern können.

Da dürfte man nie genug von kriegen können… Das große Ziel für die kommende Spielzeit sollte sich da doch fast von allein formulieren, oder?

Wir müssen als Aufsteiger eine realistische Sichtweise an den Tag legen. Vor dem Hintergrund stellt sich unser Saisonziel tatsächlich von allein. Wie für die Hälfte aller Vereine in der Bundesliga geht es auch für uns in erster Linie um den Klassenerhalt. Alles andere wäre als Aufsteiger beziehungsweise Regionalligist auch vermessen.  Und dennoch: Das sollte unser Anspruch sein. Mit Blick auf die vergangenen Spielzeiten in der rot-weissen U19 wollen wir zusehen, dass wir uns in der Bundesliga etablieren und nicht wie in den vergangenen Jahren zwischen Bundesliga und Niederrheinliga pendeln.

Was hat sich denn im Vergleich zu vor zwei Jahren geändert – neben den Spielern?

Die gesamte Ausgangslage ist verglichen mit der von vor zwei Jahren eine andere. In den letzten ein, zwei Jahren ist unheimlich viel passiert am Nachwuchsleistungszentrum. Es wurde sehr viel vorangetrieben und weiterentwickelt. Viele Bereiche wurden neu aufgestellt und natürlich haben wir insgesamt weiter dazu gelernt. Ich glaube schon, dass man in den letzten ein, zwei Jahren am NLZ die größten Schritte nach vorne gemacht hat. Insgesamt würd ich die Ausgangslage daher anders bewerten als bei letztem Aufstieg vor zwei Jahren.

Wir sind gespannt wo die Reise hingeht!

Und wir erst! Wir freuen uns schon jetzt auf die Vorbereitung und auf die neue Saison. Es wird spannend ein zu sehen, welche Dinge wir gut gemacht haben und an welchen Stellen wir noch nachjustieren können.

Eine Sache aber ist ganz klar: Nach der längeren Wettbewerbspause ist bei mir, bei den Jungs und beim gesamten Team eine unheimlich große Vorfreude zu spüren. Wir haben schon jetzt alle Bock!