15. November 2020

„Immer Gas geben“

So wollen die RWE-Fans ihn sehen: Felix Backszat im Kampfmodus. (Foto: Endberg)
So wollen die RWE-Fans ihn sehen: Felix Backszat im Kampfmodus. (Foto: Endberg)

Drei Meisterschaften in vier Spielzeiten: Felix Backszat im Porträt.

Es fehlt an Typen im Fußball. Rot-Weiss Essen hat zu dieser Saison einen der vermeintlich wenigen hinzugewonnen – 31 Jahre, 1,85m groß, kantig. Einen Typen, bei dem man merkt, dass er auch mal was anderes erzählen kann, als von Spiel zu Spiel denken zu müssen. Vom Ligakonkurrenten aus Rödinghausen an die Hafenstraße gewechselt, steht er seit dieser Saison mit der Nummer 4 auf dem Platz und hört auf den Namen Felix Backszat.

Geboren in Werne an der Lippe, verbrachte Essens Neuzugang seine Kinder- und Jugendjahre im benachbarten Lünen. „In der Pampas-Liga beim BV Lünen“, erinnert sich Backszat, „da fing alles an.“ Und ging zunächst bei Vereinen weiter, deren Namen nicht zwingend den Anfang einer bemerkenswerten Fußballerkarriere vermuten lassen. TuS Westfalia Wethmar, Blau Weiß Altstedde, BV Brambauer-Lünen. „Das war vor allem im Breitensport“, erzählt Backszat. Wer im Lebenslauf von Felix Backszat eine Ausbildung in einem anerkannten NLZ sucht, wird nicht fündig werden. „Ich musste für meine Ziele stets arbeiten und hatte früh den Ansporn den Schritt in den Leistungssport zu packen.“

„Ich musste für meine Ziele stets arbeiten.“
Einen Schritt in diese Richtung und erste Erfahrung mit seinem heutigen Arbeitgeber machte Backszat bereits während seiner Zeit beim BV Brambauer. „Im zweiten Jahr in Brandauer wurde ich zum Probetraining bei RWE eingeladen. Trainer war damals Wrobel und das Training auf Asche. Daran lag es aber nicht, dass daraus nichts geworden ist. Ich habe damals nicht wahnsinnig auf mich aufmerksam gemacht. Das muss ich zugeben. Ich war mit meiner Leistung damals selbst nicht zufrieden.“

Backszat ist reflektiert, jemand der sich eigene Fehler eingestehen kann, sich dabei aber nicht schnell aus der Ruhe bringen lässt. „Eier in der Hose haben“, nennt er es. Sein Ziel, Fußball höherklassig und auf Leistungsniveau zu spielen, verfolgte der damals 22-Jährige ebenso konsequent wie besonnen weiter. Parallel zum Fußball machte Backszat seinen Zivildienst, so wie zuvor bereits das Abitur. „Alles auf Fußball zu setzen erschien mir zu diesem Zeitpunkt zu riskant. Wie heißt es so schön: Manchmal muss man einen Schritt zurückmachen, um zwei nach vorne zu kommen.“

In vier Jahren drei Mal Meister
Dem Schritt zurück zur Hammer Spielvereinigung folgte 2013 der zu Rot Weiss Ahlen in die Oberliga Westfalen. Es sollten (mindestens) zwei Schritte nach vorne folgen. „In Ahlen hatten wir damals eine junge hungrige Truppe. Unter Marco Antwerpen bin ich dort zum Kapitän gewählt worden.“ Es klopfte in der Folge der ein oder andere Regionalligist an. Doch Backszat entschied sich gegen einen Wechsel in die höherklassige Liga. In der darauffolgenden Spielzeit sicherte sich Ahlen samt Spielführer Backszat am letzten Spieltag der Saison 2014/2015 den Aufstieg in die Regionalliga. Backszat suchte die Herausforderung. Die Arbeit zahlte sich aus.

Im selben Jahr beendete er sein Sportmanagementstudium und wechselte im Jahr drauf zu Viktoria Köln. Es folgten drei Meisterschaften in vier Spielzeiten. „Im ersten Jahr sind wir als Meister in der Aufstiegsrunde knapp an Jena gescheitert.“ Das darauffolgende Jahr entschied Uerdingen die Liga für sich. „Im dritten Anlauf haben wir den Aufstieg dann endlich geschafft.“ Das Ziel dritte Liga blieb Backszat dennoch verwehrt. Köln verlängerte seinen Vertrag nicht. „An dem Brocken hatte ich tatsächlich ein paar Wochen zu knabbern. Aber am Ende hat man nicht alle Dinge in der Hand.“ So auch nicht ein Jahr später: Mit Rödinghausen gewann Backszat abermals die Meisterschaft, der Verein aber verzichtete freiwillig auf den Drittligaeinzug.

Wichtige Werte im Leben
Drei Mal Meister – drei Mal keine 3. Liga. Das soll sich nun endlich ändern! „Das Ziel habe ich nach wie vor klar vor Augen. Und hier mit RWE besteht die größte Möglichkeit das nochmal zu schaffen!“ Angebote aus der dritten Liga hatte Backa, wie er in der Mannschaft gerufen wird, auf dem Tisch. „Per Unterschrift in die 3.Liga aufzusteigen hätte definitiv einen völlig anderen Stellenwert.“ Der Satz eines Malochers, der sich selbst hinten anzustellen weiß. „Man muss demütig bleiben, eigene Eitelkeiten zurück- und das eine Ziel in den Vordergrund stellen.“

Das will Backszat gemeinsam mit seinen rot-weissen Mannschaftskollegen mit einem alten Weggefährten aus Rödinghausen erreichen. „Es ist geil zu wissen, einen Stürmer wie Engel im Team zu haben. Da kannst du fast die Augen zu machen und zum Mittelkreis laufen.“

Bei allem Mannschaftsdienst, „ich hatte schon immer gerne auch meinen Freiraum, erzählt der 31-Jährige, der im Urlaub gerne mit dem Rucksack durch die Welt reist. „2016 bin ich alleine durch Südostasien von Hostel zu Hostel – das Einsteigerpaket quasi, später durch Costa Rica. Das war richtig gut! Es hilft, Toleranz für andere Sichtweisen aufzubauen. Man urteilt meiner Meinung nach oft zu vorschnell – auch im Fußball. Insgesamt wird zu viel Wert auf Oberflächliches gelegt.“?Backszat ist Fußballer des Fußballs wegen. Einer der nach Essen passt.