2. März 2021

Höhenflug der Störche

Am Punkt kennen sie sich aus: Nicht nur der SV Darmstadt, auch Rekordpokalsieger FC Bayern unterlag den Störchen um Janni Serra im Elfmeterschießen. (Foto: Patrick Nawe / Holstein Kiel)
Am Punkt kennen sie sich aus: Nicht nur der SV Darmstadt, auch Rekordpokalsieger FC Bayern unterlag den Störchen um Janni Serra im Elfmeterschießen. (Foto: Patrick Nawe / Holstein Kiel)

RWE-Gegner Holstein Kiel sorgt im DFB-Pokal und in der 2. Bundesliga für Furore.

Aufstieg und DFB-Pokalsieg: Das ist – so überraschend es auch für viele klingt – vor dem DFB-Pokal-Viertelfinale an der Hafenstraße am Mittwoch, 3. März, 18.30 Uhr, sowohl für Gastgeber Rot-Weiss Essen als auch für den Zweitligisten Holstein Kiel zumindest noch im Bereich des Möglichen. Die Gäste aus dem Norden stehen im nationalen Pokal nicht nur zum insgesamt vierten Mal in der Runde der letzten acht Mannschaften. In der 2. Bundesliga liegen die "Störche" außerdem aussichtsreich im Aufstiegsrennen. Die größten Konkurrenten heißen dort Hamburger SV, VfL Bochum und SpVgg Greuther Fürth.

Der größte Erfolg der Kieler Vereinsgeschichte liegt mehr als ein Jahrhundert zurück. Als FV Holstein Kiel gelang im Jahr 1912 dank eines 1:0 gegen den Karlsruher FV der Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Von 1903 bis zur Mitte der 1960er-Jahre spielte Kiel erstklassig. Seitdem wartet der Klub von Kieler Förde auf die Rückkehr in die höchstmögliche Spielklasse. Zeitweise ging es sogar runter bis in Liga vier.

Mit dem Wiederaufstieg in die 3. Liga im Jahr 2013 setzte langsam ein erneuter Höhenflug der "Störche" ein. 2017 schaffte die Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900, wie der Verein offiziell heißt, erstmals den Sprung in die 2. Bundesliga. Nicht mit viel Getöse, sondern – typisch norddeutsch – weitgehend unaufgeregt. Der kaufmännische Geschäftsführer Wolfgang Schwenke, ein ehemaliger Handballspieler und -trainer, hat es so formuliert: "Wir befinden uns nicht im oberen, sondern im unteren Drittel der Nahrungskette. Und da wird man halt gefressen, wenn man nicht weiter nach oben kommt."

Außerordentlich hungrig präsentierte sich Holstein Kiel bisher nicht nur in der Meisterschaft, sondern auch im DFB-Pokal. Nach dem souveränen Erstrundensieg über Oberligist Rielasingen-Arlen (7:1) schalteten die "Störche" in Runde zwei dann Rekordmeister, Rekordpokalsieger und Titelverteidiger FC Bayern München (6:5 nach Elfmeterschießen) sensationell aus. Das Viertelfinale in Essen erreichte Kiel durch ein 7:6 nach Elfmeterschießen gegen Ligakonkurrent SV Darmstadt 98.

Zum insgesamt vierten Mal seit 1940 steht die KSV nun in einem Pokal-Viertelfinale. Nur in der Saison 1940/1941 ging es noch eine Runde weiter. Im Halbfinale (0:6 gegen Schalke 04) war dann aber Endstation.

Trainer der Kieler ist seit Oktober 2019 Ole Werner. Der erst 32-jährige Fußball-Lehrer war zuvor jahrelang Nachwuchstrainer und auch Spieler bei der KSV Holstein. Mit Angreifer Benjamin Girth und Abwehrspieler Marco Komenda trainiert Ole Werner unter anderem zwei Spieler, die RWE-Trainer Christian Neidhart noch bestens aus gemeinsamen Zeiten beim SV Meppen kennt. Zu den Leistungsträgern im Team gehören Torhüter Ioannis Gelios, Kapitän und Innenverteidiger Hauke Wahl, die Mittelfeldspieler Jonas Meffert und Alexander Mühling sowie die Angreifer Fin Bartels, Jae-sung Lee, Fabian Reese und Janni Serra, der zuletzt allerdings wegen eines Muskelfaserrisses pausieren musste.

Im Rahmen des DFB-Pokals stehen sich RWE und Kiel erstmals gegenüber. In der Meisterschaft (Regionalliga Nord und 2. Bundesliga Nord) gab es dagegen bereits 14 Duelle. Die positive Bilanz aus Essener Sicht: Acht Siege, vier Remis und nur zwei Niederlagen. Beachtlich: Die sieben Heimspiele gegen die Kieler gewann Rot-Weiss allesamt. Kein RWE-Fan hätte etwas dagegen, wenn sich diese Serie fortsetzen sollte.