23. Juli 2018

Frank Mill – der letzte große Stürmer aus dem Ruhrgebiet

Von 1976 bis 1981 ging RWE-Nachwuchstalent Frank Mill für die Lizenzmannschaft auf Torjagd.
Von 1976 bis 1981 ging RWE-Nachwuchstalent Frank Mill für die Lizenzmannschaft auf Torjagd.

… so urteilt Kulttrainer Peter Neururer in der im letzten Jahr veröffentlichten Biographie mit dem Untertitel „das Schlitzohr des deutschen Fußballs" über eines der größten Talente in der RWE-Geschichte. Heute feiert Frank Mill seinen 60. Geburtstag.

Im Alter von sechs Jahren erlernte „Frankie“, wie er von vielen nur gerufen wird, das Fußballspielen beim BV Eintracht 1916 in Altenessen. Als Jugendlicher wechselte er 1972 mit 14 Jahren zu Rot-Weiss Essen. Die herausragende Jugendarbeit von Rot-Weiss Essen in den 1970er Jahren wurde 1976 mit dem Gewinn der Deutschen A-Jugend-Vizemeisterschaft belohnt. Maßgeblichen Anteil hatte Frank Mill, der Mittelstürmer des rot-weissen Nachwuchsteams. Seine beiden Treffer zum 2:0-Sieg im Stuttgarter Neckarstadion sicherten die Endspielteilnahme, nachdem er bereits im Hinspiel zweimal erfolgreich gewesen war. Kurz darauf schaffte das Nachwuchstalent den Sprung in den Bundesligakader und schoss am 4. November 1976 im Frankfurter Waldstadion sein erstes Tor in der deutschen Eliteliga. Nach dem Bundesligaabstieg 1977 spielte „Frankie“ noch weitere vier Jahre an der Hafenstraße und verpasste 1978 und 1980 zweimal nur knapp mit RWE den Wiederaufstieg in die Bundeslig.
In der Saison 1980/81 wandelte der Torjäger auf den Spuren seines Vorgängers Horst Hrubesch und erzielte im Bundesligaunterhaus 41 Tore. Mit seinen Treffern sicherte er Rot-Weiß Essen die Qualifikation zur eingleisigen Zweiten Bundesliga. Doch die finanzielle Lage des Vereins führte dazu, dass der Publikumsliebling anschließend an Borussia Mönchengladbach verkauft werden musste. Auch hier stellte er seine Torgefährlichkeit unter Beweis und kam in seiner ersten Saison am Bökelberg auf 15 Treffer. Mit seiner Unbekümmertheit und Schlitzohrigkeit brachte er die gegnerischen Abwehrspieler zur Verzweiflung.

Bundestrainer Jupp Derwall wurde auf den Stürmerstar aufmerksam. Frank Mill kam auf der Südamerikareise 1982 zu seinen ersten beiden Spielen im Nationaltrikot. Höhepunkt seiner internationalen Karriere waren die Olympischen Spiele in Los Angeles (1984) und Seoul (1988) sowie die Weltmeisterschaft in Italien (1990).

Bis 1986 ging er für Borussia Mönchengladbach auf Torejagd, anschließend wechselte der Ausnahmestürmer zu Borussia Dortmund, wo er zum Mannschaftskapitän aufstieg. Seinen Bundesligaausstand gab Frank Mill in der Saison 1995/96 bei Fortuna Düsseldorf. Erst mit 38 Jahren beendete er nach 387 Bundesligaspielen Spielen und insgesamt 123 Toren seine beeindruckende Karriere mit folgenden Titeln: Weltmeister 1990, Olympia-Bronze 1988. DFB-Pokalsieger 1989. Mit der Olympia-Auswahl nahm er an den Olympischen Spielen 1984 und 1988 teil. Mit neun Partien bei Olympischen Spielen ist er Rekordhalter des DFB. Er ist zudem mit insgesamt zehn Toren Rekord-Torschütze der Olympia-Auswahlmannschaft, für die er 20 Spiele bestritt. Vielen ist er auch durch den berühmtesten Pfostentreffer des deutschen Fußballs 1986/87 gegen Bayern München in Erinnerung geblieben.

Frank Lehmkuhl schrieb in seiner Biographie: „Frank Mill ist der Prototyp des Ruhrgebietskickers: geradeheraus, wertegetrieben, mit klaren Ansagen und genug Grips im Kopf, um seine Worte dennoch wägen zu können. Mill rauchte, spielte ohne Schienbeinschoner und verzichtete auf einen Berater. Nachwuchsleistungszentren oder eine „Medienschulung" gab es nicht, dafür Profis mit Ecken und Kanten wie Mill, der mit seiner Meinung nie hinterm Berg hielt. Auch das machte ihn zu einem Publikumsliebling.“

Und Kulttrainer Peter Neururer, dessen erste Trainerstation im Profifußball ebenfalls bei Rot-Weiss Essen war, meint: „Frank Mill war einer der ersten spielenden Mittelstürmer, er hat damit einen Trend begründet. Er hatte ein unglaublich gutes Raum-Zeit-Gefühl, wusste immer, wohin er laufen musste, um für den Gegner gefährlich zu sein. Außerdem war er einer der herausragenden Typen hierzulande, immer ehrlich, immer geradeheraus, immer zu 100 Prozent authentisch."
Frank Mill steht exemplarisch für die besseren Essener Fußballzeiten sowie die rot-weisse Talentschmiede. Die Verbundenheit zu RWE ist bis heute geblieben. An seinen Stationen lässt sich die Bodenständigkeit des Ruhrgebietsjungen ablesen, der immer in seiner Heimatstadt Essen wohnen blieb. Und da passt es auch, dass Frank Mill sein letztes Bundesligator natürlich gegen Schalke 04 schoss.

Text: Georg Schrepper