9. Dezember 2016

„Die Jungs sollen sich in jeder Spielsituation wohlfühlen“

RWE-Chef-Torwarttrainer Tobias Ritz über seine neue Tätigkeit an der Hafenstraße und die rot-weisse Torwartschule

Tobias Ritz hat sich im Laufe seiner aktiven Zeit einen Namen gemacht im Essener Fußball. Über acht Jahre hütete Ritz das Tor des ETB SW Essen und zählte stets zu den Leistungsträgern und Führungsspielern seiner Mannschaft. Seit Sommer vermittelt der bei Borussia Dortmund ausgebildete Torhüter seine Kenntnisse und Erfahrungen im rot-weissen Nachwuchsleistungszentrum als Chef-Torwart-Trainer. Davon können zukünftig auch Nachwuchstorhüter profitieren, die keiner Mannschaft der Jugendabteilung von Rot-Weiss Essen angehören. Tobias Ritz im Interview über seinen Weg an die Hafenstraße und die rot-weisse Torwartschule im Nachwuchsleistungszentrum.

Hallo Tobias! Mit ein paar Monaten Verspätung noch einmal herzlich willkommen bei Rot-Weiss Essen und speziell hier im Nachwuchsleistungszentrum. Wo hast du damals das Torwartspiel gelernt?

TR: Ausgebildet bei der SG Wattenscheid und danach beim BVB. Das war auch die Zeit, die mich mit am meisten geprägt hat. Da hatte ich unter anderem Torwarttrainer wie Teddy de Beer, der ja jetzt bei den Profis ist, oder Toni Schumacher. Das waren schon sehr interessante Einheiten, die man da hatte. Also die Hauptausbildung habe ich beim BVB genossen. Mein erster Verein war jedoch TuS Heven.

Wie lief das damals ab? Bist du  von der SG Wattenscheid und Borussia Dortmund gescoutet worden?

TR: Ich habe eigentlich alle Stationen in der Jugend gemeinsam mit Timo Achenbach durchlaufen, der ja mittlerweile über 300 Zweitligaspiele absolviert hat. Wir haben in Heven zusammen mit dem Fußball angefangen, sind dann den Wattenscheider Scouts aufgefallen und gemeinsam nach Wattenscheid gegangen, dort dann den BVB-Scouts aufgefallen und zum BVB gewechselt.

Jetzt verfolgst du das Ganze von der Seitenlinie. Vermisst du das Spielen selbst ein bisschen?

TR: Natürlich juckt es noch, wenn man beim Training oder Spiel auf dem Platz beziehungsweise an der Seitenlinie steht. Als Torwart hätte ich jetzt auch noch eine Saison spielen können und hatte ja auch noch einen laufenden Vertrag bei ETB, aber man wird auch nicht jünger. Ich hatte schon ein, zwei Verletzungen, die mich behindert haben. Den Hauptausschlag für das Karriereende hat aber die Möglichkeit gegeben, hier bei Rot-Weiss Essen in einem anerkannten Nachwuchsleistungszentrum Torhüter ausbilden zu können. Diese Aufgabe war extrem reizvoll für mich und habe daher entschieden, meine Handschuhe schon ein Jahr früher an den Nagel zu hängen.

Und du bereust es noch nicht…?

TR: …nein, absolut nicht. Ich glaube schon, so ein bisschen meine Berufung gefunden zu haben. Man wächst als Trainer ja auch in diese Aufgabe hinein und es ist unheimlich spannend, mal die Perspektive zu wechseln. Als Trainer ist es einfach eine super anspruchsvolle Aufgabe alles zu koordinieren und zu planen. Das macht man nicht mal so eben.

War das für dich jetzt im Sommer eine große Umstellung?

TR: Nein, eigentlich nicht, weil ich schon als aktiver Torwart bereits Torwarttraining gegeben habe, sowohl in der Torwartschule, als auch später bei ETB.  Deswegen wusste ich schon, was mich erwartet. Aber man steht jetzt natürlich ganz anders in der Verantwortung, wenn man hauptverantwortlicher Torwarttrainer ist.

Inwiefern hast du dich in dieser Zeit als Torwarttrainer weiterentwickelt?

TR: Also meine ersten Einheiten habe ich in einer Fußballschule gegeben und da bin ich noch sehr unbedarft hingegangen. Da waren es eben sehr junge Kicker, die ich trainiert habe. Ich habe im Laufe der Zeit aber schon versucht, nicht nur von meinem praktischen Background zu zehren, sondern auch die Theorie dahinter zu verstehen und zu lernen. Ich habe viele Lehrgänge besucht und probiert, mich mit so vielen Torwarttrainern wie möglich auszutauschen um mich weiterzuentwickeln. Mittlerweile habe ich schon einiges an Erfahrung gesammelt und das ist nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer das A und O. Ich weiß jetzt sehr gut, in welchem Alter ich was von den Torhütern erwarten kann.

Du bist hauptverantwortlicher Torwarttrainer im rot-weissen Nachwuchsleistungszentrum. Was schließt diese Aufgabe alles ein?

TR: Es geht los bei der Koordination. Wir schauen, welche Torhüter wie oft und in welcher Konstellation welche Inhalte trainieren. Ein besonderer Fokus liegt natürlich auf dem Torwarttraining der U19, wo ich mit dem Torwartteam die Spiele vor- und nachbereite, wo wir uns die verschiedenen Situationen im Video noch einmal anschauen und uns gemeinsam überlegen, woran wir noch arbeiten müssen. Wichtig ist mir als Torwarttrainer, dass die Jungs merken, dass das, was wir da machen, Hand und Fuß hat. Denn es ist ein Unterschied zwischen Machen und wirklich hinter dem zu stehen, was man macht.

Wie muss man sich eine Einheit für Torhüter bei dir vorstellen?

TR: Es gibt verschiedene Dinge, die man immer dabei haben muss, wie Übungen mit dem Fuß, Schnelligkeit, Spritzigkeit, Ballsicherheit und dann streut man eben verschiedene andere Schwerpunkte ein, wie etwa Strafraumbeherrschung. Aber in erster Linie geht es darum, dass sich der Torwart in jeder Spielsituation wohlfühlt und wenn einer der Jungs zu mir kommt und sagt, er habe sich in der einen oder anderen Situation unwohl gefühlt, dann müssen wir das natürlich sofort anpacken.

Wenn du mal einen Vergleich zu deiner Zeit als Jugendtorwart ziehst: Wie hat sich die Torhüterausbildung geändert?

TR: Es wird heute viel gezielter gearbeitet. Der Torwart hat eine deutlich wichtigere Stellung als es damals der Fall war. Aber natürlich muss der Torwart nach wie vor Bälle halten und wenig Tore kassieren. Das bleibt das A und O.

Glaubst du denn, dass du auch bei dem Training bei deinem ersten Verein TuS Heven ein so guter Torwart geworden wärst?

TR: Bei meinem Jugendverein war es jetzt nicht so, dass sich jemand gezielt mit mir beschäftigt hätte. In der Regel war es so: Du bist zum Training gekommen, hast dich warm gemacht und dann ins Tor gestellt. Also wenn ich meine gesamte Ausbildung dort verbracht hätte, wäre ich sicher nicht der Torwart geworden, der ich heute bin. Dass mir jemand Tipps gegeben hat, gezielt und individuell mit mir gearbeitet hat, das hat mir schon enorm geholfen. Ein Torwart braucht nun einmal Torwarttraining.

Genau für solche Fälle habt ihr euch ja mit der rot-weissen Torwartschule etwas überlegt. Was erwartet denn die Teilnehmer an der Torwartschule für ein Training?

TR: Es wird Schwerpunkte geben wie etwa Ballsicherheit am Fuß, Fangsicherheit, schnelle Beine, Spritzigkeit und vieles mehr. Aber natürlich gehen wir auch individuell auf die Torhüter ein. Wir werden Trainingseinheiten filmen, um das Spiel der einzelnen Torhüter genau zu analysieren und eben auch Veränderungen und Verbesserungen festzuhalten.  

Und am kommenden Dienstag geht es schon los?

TR: Genau, erstmal mit einem Sichtungstraining. Wir möchten den Teilnehmern schon ein hohes Niveau bieten und dazu eine Gruppe an Torhütern auswählen, die sich auf einem ähnlichen Leistungsniveau befinden und die gewillt sind, sich zu verbessern.

Das kostenlose Sichtungstraining für die rot-weisse Torwartschule findet am Dienstag, den 13. Dezember um 18.45 Uhr auf dem Gelände des Nachwuchsleistungszentrums von Rot-Weiss Essen an der Seumannstraße 55 statt. Anmeldungen werden per Mail an dirk.helmig@rot-weiss-essen.de entgegengenommen. Weitere Informationen zur Torwartschule gibt es hier.